HOTEL EUROPA
Maxim Gorki Theater Berlin Konzept/Recherche/Umsetzung/Kamera/Schnitt
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März/April 2013
Ein Projekt von Anna Schöllhorn, Janne Kummer und dem Refugee Protest Camp
Mitarbeit Lisa Heinrici, Sarah Wenzinger
Am 19. März 2012 beginnt ein in der deutschen Flüchtlingspolitik bislang einmaliger Protest. Die unmenschlichen Umstände in den Flüchtlingsheimen führen im Januar 2012 zum Selbstmord eines iranischen Flüchtlings in einem Asylantenheim in Würzburg. Sein Tod wird zum Auslöser eines landesweiten Protests. Selbst über die Bundesebene hinaus beginnen sich Flüchtlinge zu organisieren und marschieren von Würzburg über Flüchtlingscamps in ganz Deutschland nach Berlin. Sie durchbrechen die Isolation, in die sie die deutsche Residenzpflicht zwingt. Aus dem Protest generiert sich eine Bewegung, die gegen Abschiebung, Residenzpflicht, Isolationslager und Kategorisierung kämpft.
Es steht keine Hilfsorganisation oder politische Gruppierung im Vordergrund. Es ist ein Aufstand der Flüchtlinge, gegen unmenschliche Lebensbedingungen, gegen die Degradierung zum zweite Klasse Menschen, gegen den andauernden Ausnahmezustand.
Die Überschrift des Osterfestivals der Kunsthochschulen am Maxim Gorki Theater, „Aufstand proben“, gab Anlass, einer Bewegung den Platz zu überlassen, die seit Monaten einen viel zu wenig beachteten Aufstand probt. Einen Aufstand gegen Abschiebung, die Inhaftierung in Flüchtlingsheimen in Randgebieten, gegen unrechte Asylverfahren, gegen die gefängnisgleichen Bedingen, gegen Residenzpflicht, gegen Unsichtbarmachung, gegen Nahrungsmittelgutscheine, Arbeitsverbote und damit einhergehende gesellschaftliche Stigmatisierung. Ein Jahr nach dem Marsch der Flüchtlinge durch ganz Deutschland, im März 2012, knüpften sie an ihren Zielen, der Aufklärung und Organisation der Flüchtlinge deutschlandweit, an. Sie organisierten eine Bustour, die die ehemalige Marschroute abfuhr und suchten in den Lagern Gespräche mit anderen Flüchtlingen.
Wir haben die Refugeebewegung und während ihrer Aktionen über Wochen begleitet und dokumentiert. Auf der Bustour entstanden Interviews in verschiedenen Flüchtlingsheimen, die einen Eindruck der Lebensbedingungen von Flüchtlingen in Deutschland vermitteln sollen.
Die Installationen "Hotel Europa" im Foyer des Maxim Gorki Theaters, ein Nachbau des Refugee Camps am Oranienplatz, bot den Zuschauern die Möglichkeit, ihre Berührungsängste zur Refugeebewegung zu verlieren und sich detailliert über die Umstände der Flüchtlinge und die deutsche Asylpolitik zu informieren. Den Flüchtlingen wurde der Raum zur direkten Diskussion und Konfrontation geboten.
Unter dem Titel „Hotel Europa“ wurde ein Ausstellungskonzept entwickelt, das versucht, die Haltung einiger Bundesbürger - Flüchtlinge lebten auf Kosten der Steuerzahler ein besseres Leben als die meisten Deutschen - ad absurdum zu führen. Den Ankunfts- und Aufenthaltebedingungen der Flüchtlinge werden Abläufe eines Pauschalurlaub übergestülpt und so in direkten Vergleich gesetzt.
In verschiedenen Stationen wurden, inspiriert durch die Abfolge eines durchschnittlichen Hotelbesuchs, die Umstände, mit denen die Flüchtlinge seit Verlassen ihres Heimatlands konfrontiert wurden, dargestellt. Vom Shuttle Service - die Überfüllten Flüchtlingsbote, bis zum „All you can eat“ - Buffett, an dem die spärliche Auswahl an Nahrungsmittel dar geboten wird, die Monat für Monat durch die Lebensmittelgutscheine erworben werden können. Im Gästebuch berichten Flüchtlinge in Interviews von ihrer Ankunft in Deutschland und ihren Erfahrungen in den Lagern, Behördenbesuchen und die Reaktionen der deutschen Bevölkerung.
Mehr Informationen zur Lage der Flüchtlinge in Deutschland:
http://www.refugeetentaction.net/index.php?lang=de
Refugee Welcome initiatives & action groups
Über den Tellerrand kochen e.V
Multitude e.V
Give Something Back To Berlin
Citizen’s initiative “Moabit hilft”